Ist eine Ausbildung jetzt sinnvoll?
2020 stieg in München die Jugendarbeitslosigkeit etwas an. 2021 weist die Arbeitsagentur dagegen darauf hin, dass viele Ausbildungsplätze frei sind. Warum ist das so? Versuchen junge Leute, durch schulische Ausbildung oder Studium die unsicher scheinenden Zeiten zu überbrücken? Wäre es nicht gerade jetzt genauso sinnvoll, sich mit einer Ausbildung im Handwerk eine solide Existenzgrundlage zu schaffen?
"Hier steckt viel Potential"
Andreas Brachem, Kfz-Innung München-Oberbayern: Die Ausbildungsberufe des Kfz-Gewerbes sind als moderne und zukunftssichere Berufe nach wie vor bei jungen Leuten gefragt, so dass die Ausbildungsstellen im Wesentlichen besetzt werden können. Allerdings wünschen sich die Ausbildungsbetriebe mehr Bewerber aus den Sektoren, die aktuell eher dem allgemeinen Trend nach einer weiteren Schullaufbahn folgen. Hier steckt viel Potential, da eben nicht alle jungen Leute in der höheren Schule glücklich werden und eine Menge anderer Stärken für eine Ausbildung mitbringen würden.
"Unsere Berufe sind krisensicher"
Ralf Suhre, SHK Innung München: Seit Jahren wird Eltern eingetrichtert, dass ihre Kinder nur eine berufliche Zukunft haben, wenn sie Abitur machen und studieren. Erschreckender Beleg dafür ist, dass über 50 Prozent der Viertklässler in München auf das Gymnasium wechseln und danach studieren sollen. Mit einer Ausbildung in Berufen mit Zukunft, wie unsere, stehen den Gesellen alle Möglichkeiten offen, ob sie gleich im Beruf arbeiten möchten, sich weiterbilden lassen zum Meister oder ein technisches Studium anschließen wollen – die Möglichkeiten sind vielfältig. Und was in Krisenzeiten unschätzbar ist, dass sie sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen brauchen. Unsere Berufe sind krisensicher.
"Das Handwerk bietet einen großartigen Start ins Berufsleben"
Christina Breunig, Leiterin des Bildungszentrums für Farbtechnik und Raumgestaltung: Eine Ausbildung im Handwerk ist ein großartiger Start ins Berufsleben. Gut ausgebildete Facharbeiter sind momentan gefragter denn je. Wer möchte, könnte auch noch die Meisterausbildung und den Betriebswirt des Handwerks absolvieren. Die Meisterausbildung berechtigt sogar zu einem Studium an einer Hochschule. Nach dem Bachelorstudium kann man noch einen Master anhängen und wem es dann noch nicht reicht, könnte promovieren. Personen der beruflichen Bildung stehen genauso alle Optionen der Bildungspyramide offen. Das ist wichtig zu wissen, denn so kann sich jeder soweit weiterqualifizieren wie er kann und möchte.
Die Hochschule für angewandte Wissenschaften München hat beispielsweise einen Studiengang speziell für Meister aus dem Handwerk im Angebot, der gemeinsam mit der Handwerkskammer für München und Oberbayern entwickelt wurde. BWL und Unternehmensführung wird berufsbegleitend angeboten, so dass die Teilnehmer währenddessen dem Handwerk erhalten bleiben. Auch danach bleiben die Studenten mit ihrem erlangten akademischen Wissen dem Handwerk treu: denn der Studiengang richtet sich an diejenigen, die einen elterlichen Betrieb übernehmen oder selbst eine Existenz gründen. Genau hier lässt sich das praktische Können aus der Ausbildung mit dem theoretischen betriebswirtschaftlichen Wissen aus dem Studium verknüpfen. Wichtig ist, attraktive Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten wie z.B. den o.g. Studiengang anzubieten, ohne die jungen Menschen aus dem Handwerk zu verlieren.