Wie trifft man die richtige Wahl?
Gegenwärtig ist es oft kaum möglich, Praktika zu machen. Die Berufsorientierung in den Schulen konnte nicht stattfinden. Die oft ohnehin schwierige Berufswahl wird also noch schwieriger. Was raten Sie jungen Leuten für die Entscheidungsfindung?
"Ich probiere es einfach mal"
Oliver Nothdurft, Jugendbildungsreferent IG BAU, Region Bayern: Da im Bauhauptgewerbe alle Ausbildungsberufe im 1. Ausbildungsjahr gemeinsam beschult werden, gibt es immer noch die Möglichkeit, seinen Ausbildungsberuf zu wechseln, ohne ein ganzes Jahr wiederholen zu müssen. Eventuell muss man dafür zwar einen neuen Ausbildungsbetrieb finden, aber hier unterstützen einen die Kammern sehr gut.
Das heißt: Wer sich einen Bauberuf vorstellen kann, sollte es wagen. Ich bin aber ohnehin überzeugt, dass die Devise bei der Ausbildung heißen sollte: Ich probiere es einfach mal. Denn auch, wenn man nach einem Jahr Ausbildung feststellt, dass der Beruf nicht zu einem passt, ist das ja kein verlorenes Jahr!
Gerade im Handwerk eignet man sich Fähigkeiten an, die man immer gebrauchen kann und das Jahr hilft vielleicht dabei, herauszufinden, welche Ausbildung besser zu einem passt.
"Praktika, Praktika, Praktika"
Andreas Brachem, Kfz-Innung München-Oberbayern: Nachdem sich die Lage in der Arbeitswelt weiter normalisiert, kann aus unserer Sicht die Antwort nur lauten: Praktika, Praktika, Praktika. Wer als zukunftsfähiger Betrieb nachhaltig Nachwuchssicherung betreibt, wird auch entsprechenden Angebote machen. Und für die Interessenten ist nichts wertvoller als ein echter Einblick in das künftige Aufgabengebiet. Natürlich sehen wir auch die Schulen gefordert, Ihr Angebot zur Berufsorientierung weiter auszubauen. Und natürlich kann der Besuch von Ausbildungsmessen, egal ob live vor Ort oder virtuell sehr hilfreich sein.
"Praktische Einblicke in die Arbeit"
Ralf Suhre, SHK Innung München: In unseren Betrieben wurden auch während der Corona-Pandemie Praktika angeboten, um Schülerinnen und Schülern bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen und sich ein Bild von einem potentiellen Azubi zu machen. Mit unserem „Bootcamp“ für Schulklassen wollen wir bereits frühzeitig Schülerinnen und Schüler einen Vormittag lang praktische Einblicke in die Arbeit in unseren Mitgliedsbetrieben geben und sie bei der Berufsorientierung unterstützen.
"Über Erfahrungen berichten"
Christina Breunig, Leiterin des Bildungszentrums für Farbtechnik und Raumgestaltung: Entscheidungsfindungen werden aktuell coronabedingt (aber auch zukünftig) stärker über digitale Wege realisiert: digitale Berufsmessen inkl. Videochat, Einbezug von realen Testimonials aus der Praxis, die über ihre Erfahrungen berichten, Social Media als kein zu unterschätzender Kanal. Der Bundesverband hat z.B. einen sehr praxisnahen Instagram-Account, der zahlreiche Maler-Techniken vorstellt, Live-Einblicke in die tägliche Arbeit von Malern und Lackiererinnen ermöglicht, Interviews mit Lehrlingen und Gesellen zeigt.
Darüber hinaus gibt es die Kampagne #machergesucht von der Handwerkskammer, die durch Azubis als Testimonials regelmäßige Einblicke in Ausbildungsberufe ermöglicht oder die Praktikumswoche, im Rahmen dessen Betriebe und potentielle Lehrlinge digital gematcht werden und so zu Praktika – in Präsenz – zusammenfinden. Auch wir haben seit einem Jahr einen Instagram-Account #handwerkbeginntimkopf, auf dem wir einen Live-Einblick in unsere überbetriebliche Ausbildung, Leistungskurse, Meisterkurse usw. ermöglichen. Der Trend geht stark hin zu Bildern und Videos, weshalb dieser Account – wo sich unsere Zielgruppe tummelt – wichtiger denn je ist.